Kreissynode
Institution wird kleiner, geistliche Innovationen gedeihen
Herausforderungen für die evangelische Kirche in der Region Sieg und Rhein, Arbeitsfelder, Initiativen für Innovation, Struktur- und Finanzfragen sowie Wahlen beschäftigten die Synode des Evangelischen Kirchenkreises An Sieg und Rhein bei ihrer Tagung am 7. und 8. November. In den Blick nahmen die mehr als hundert Delegierten auch gesellschaftspolitische Themen.
Hilfen für Geflüchtete sollen erhalten bleiben
Als „fatales Zeichen“ kritisiert die Kreissynode die geplante landeskirchliche Kürzung von Mitteln für Hilfen für Geflüchtete. Konkret sollen 20 Prozent der Projektmittel für die Arbeit mit Geflüchteten in den Kirchengemeinden gestrichen werden. Sparmaßnahmen seien nachvollziehbar, so der Beschluss. Doch die Arbeit mit Geflüchteten sei eine christliche Kernaufgabe. Das politische Klima entwickle sich bedenklich und die Narrative von Rechtspopulisten seien inzwischen dominant. Gerade deshalb müsse das Arbeitsfeld „mit den allerwenigsten Fürsprechern und Privilegien“ von Sparmaßnahmen ausgeklammert werden. Diesen Beschluss adressiert die Kreissynode an die Landessynode.

Aktivitäten auf Plattform X sollten eingestellt werden
Kritisch hat sich die Kreissynode mit dem Netzwerk X, ehemals Twitter, auseinandergesetzt. Rechte Hetze, Rassismus, Queerfeindlichkeit, Hass und Extrempositionen nehmen dort zu, heißt es im Beschluss der Kreissynode, die sich damit auch gegen weitere Aktivitäten der Landeskirche auf X wendet. Die Evangelische Kirche im Rheinland müsse X verlassen – auch wenn dies Sichtbarkeit koste. X stehe heute diametral gegen die kirchlichen Werte von Nächstenliebe, Respekt und Gerechtigkeit. Die Aufforderung zum Verlassen der Plattform wird ebenfalls in Form eines Antrags an die Landessynode ergehen.
Innovation stetig fördern
Auch einen dritten Antrag, der sich an die Landessynode richtet, hat die Kreissynode An Sieg und Rhein angenommen. Demnach wird die Landeskirche aufgefordert, eine „Arbeitsstelle Geistlicher Aufbruch“ in die künftige Stabsstelle „Kirchenentwicklung und Strategische Innovation“ aufzunehmen. Konkret ist damit gemeint, die Erfahrung aus den sogenannten Erprobungsräumen – das Projekt wird 2029 enden – zu verstetigen und „Innovation als beständige Expertise in der Landeskirche zu implementieren“.
Jens Römmer-Collmann ist neuer Assessor
Pfarrer Jens Römmer-Collmann aus Niederkassel ist neuer Stellvertreter von Superintendentin Almut van Niekerk. In dieses Amt mit dem kirchlichen Titel Assessor hat die Kreissynode den Theologen gewählt. „Das Leben ist wichtiger als das Drehbuch“ – dieses Zitat des Schauspielers Humphrey Bogart machte sich der Theologe in seiner Vorstellungsrede zu eigen. Römmer-Collmann sagte, er sei mit seinem Dienst als Gemeindepfarrer glücklich und zufrieden, und doch lasse er sich „aus der Komfortzone“ und zum „Anpacken“ herauslocken. Auch wenn die Herausforderungen in der Kirche „nicht klein“ seien. Römmer-Collmann, verheiratet, vier Kinder, möchte lieber „ins Handeln kommen“, als „zu viel Drehbuch abarbeiten“. Denn: Evangelisch heißt für ihn: „Das Leben ist wichtiger.“
Die Synode hat drei weitere Frauen in den Kreissynodalvorstand gewählt, jeweils auf stellvertretende Positionen: zum einen Petra Biesenthal aus Hennef und Alexandra Bruns aus Lohmar, zum anderen Pfarrerin Katherina Plume aus Troisdorf, die als stellvertretende Skriba auf die Position nachrückt, die bisher Jens Römmer-Collmann innehatte.
Kirchliche Finanzen: Rückbau im Blick
Kirche und auch der Kirchenkreis stehen vor Herausforderungen. Der Rückgang von Mitgliedern zieht sinkende Kirchensteuereinnahmen nach sich. Mit dem Thema kirchliche Finanzen hat sich Kreissynode ausführlich beschäftigt. Nach längerer Diskussion hat sie Doppelhaushalte 2026 und 2027 für den Kirchenkreis, die Diakonie An Sieg und Rhein, das Evangelische Jugendwerk Sieg-Rhein-Bonn sowie das Kita-Referat beschlossen.
„Schweren Herzens gestalten wir den Rückbau“, erläuterte Superintendentin Almut van Niekerk, die auch den Vorsitz des Finanzausschusses innehat, die grundsätzliche Perspektive in der evangelischen Kirche. Ausgaben und Aufgaben müssen reduziert werden. Für den Kirchenkreis und seine Dienste hat der Kreissynodalvorstand deshalb soeben einen Prozess der Haushaltskonsolidierung auf den Weg gebracht. Ein erstes Treffen der Projektgruppe ist für diesen Monat anberaumt.
Einen Vorgeschmack auf anstehende Anpassungen in den kirchlichen Strukturen gab auch der Tagesordnungspunkt über Kooperationsräume. Der Zuschnitt dieser Gemeinde-Gruppen, die auf je verschiedene Weise miteinander kooperieren, soll angepasst werden. Bisher gibt es neun Kooperationsräume. Als Bezugsrahmen für die Zuordnung von Pfarrstellen und konkret für den anstehenden Pfarrstellenrahmenplan 2024 würde die Zahl zu klein sein, um ihre Funktion zu erfüllen, heißt es im Bericht an die Synode. Nicht nur Mitgliederzahlen und Finanzmittel sinken, sondern auch die Zahl der Pfarrpersonen. Die Reduzierung der Kooperationsräume wird die Synode in nächster Sitzung noch einmal beschäftigen.
Die zahlenmäßige Entwicklung in der Kirche war auch ein eigener Tagesordnungspunkt: Dr. Stefan Heinemann, Pfarrer in Hennef und im Kreissynodalvorstand als Skriba engagiert, stellte der Synode ein „zweigeteiltes Bild“ vor: rückläufige Mitgliedschaftszahlen und sinkende Tauf- und Trauzahlen einerseits, andererseits: „Im Bereich der gemeindlichen Aktivitäten geht es an vielen Stellen aufwärts“. Auch an Sieg und Rhein schmerzen Austritte, auch wenn ihre Zahl zuletzt zurückging. Die Sterbefälle sind hoch und werden nicht durch neue Mitglieder aufgewogen.
„Einfach heiraten“ als weiteres neues Angebot
Natürlich findet sich die Kirche damit nicht ab. Beherzt setzen sich ehren- und hauptamtliche Mitarbeitende im Kirchenkreis für ungewöhnliche attraktive Formate ein. 2026 wird es wieder eine Segensfeier für Singles geben. Eine Premiere wird für den 26.6.2026 vorbereitet: eine sog. Pop-Up-Hochzeit unter dem Motto „Einfach heiraten“. Von diesen Aktivitäten ist im Bericht des Kreissynodalvorstands (KSV) an die Synode die Rede. „Stadt.Land.Segen.“ heißt die „Ideenschmiede“, die die Angebote fördert.
Der KSV-Bericht lieferte den Vertreterinnen und Vertretern der Gemeinden und Dienste Informationen über Aktivitäten und Einschätzungen des KSV – und zugleich explizite Fragen und Stoff für Diskussionen. Eines der Themen: mögliche Fusionen von Gemeinden, vielleicht auch eines Tages des Kirchenkreises mit Nachbarkirchenkreisen. Aktuell wird Uckerath mit Hennef zusammengehen. Voraussichtlich zum 1.1.2027 schließen sich die drei Gemeinden in Sankt Augustin zusammen. Ob eine kreiskirchliche Fusion sinnvoll wäre, dazu waren in der Debatte gegenläufige Stimmen zu hören. Wenn auf der gegenüberliegenden Seite Bonn und Bad Godesberg-Voreifel fusionieren – wäre der hiesige Kirchenkreis nicht besser auch dabei, war eine der Überlegungen. „Fusionen sind keine Wundermittel“, wurde dagegengehalten. Zumal eine Fusion als solche enorm aufwändig ist und Kräfte bindet, auch Energie für die nötigen spirituellen Innovationen. Kooperationen fortführen statt an den Strukturen schrauben, lautete eine Empfehlung.
Das Ortsgemeindeprinzip bestimmt die evangelische Kirche – ergänzt um übergemeindliche gemeinsame Dienste. Die Berichte aus diesen kreiskirchlichen Arbeitsfeldern beschäftigten die Synodalen ausgiebig. In Kleingruppen wurden Fragen und Anregungen zu den schriftlichen Ausführungen geteilt. Ein Beispiel: Über Ehrenamt in der Notfallseelsorge wollte eine Delegierte mehr wissen. Die Notfallseelsorge Bonn/Rhein-Sieg hat die Ausbildung für Ehrenamtliche in modulare Form geändert, so dass Interessierte nicht auf eine Warteliste verwiesen werden müssen, sondern laufend einsteigen könnten, erläuterte Notfallseelsorger Albi Roebke. Zurzeit gebe es sechzig ehrenamtliche Notfallseelsorgende, erklärte der Co-Koordinator der regionalen ökumenischen Notfallseelsorge und Autor des soeben erschienen Buchs „Und plötzlich ist nichts mehr wie es war“.
Wachsende Verwirtschaftlichung wurde aus der Berufskollegarbeit beklagt. Das Nachsehen hätten Fächer wie Deutsch, Politik und eben auch Religion. Dabei nähmen die Schülerinnen und Schüler den Religionsunterricht „sehr positiv wahr“, hieß es. Gleichzeit sei der Traditionsabbruch spürbar. Und: Zwei in baldiger Zeit als Altersgründen freiwerdende Berufsschulpfarrstellen würden wohl nicht mehr nachbesetzt. Von „sehr hohem Ansehen“ ist aus der Seelsorge in der Kinderklinik in Sankt Augustin zu hören. Die Seelsorge in der JVA Siegburg unterstützt Inhaftierte im Bemühen um Vorbeugung gegen Suchtrückfälle, um nur wenige Stichworte aus den 13 Berichten zu nennen.
Vorfreude auf den Kirchentag 2027
Auch ein Werbeblock für den Kirchentag 2027 stand auf der Tagesordnung. Das Glaubensfestival findet dann in Düsseldorf statt – der Kirchenkreis gehört zur gastgebenden Landeskirche. Zuletzt Nürnberg und Hannover, findet der nächste Kirchentag also fast benachbart statt. „Du bist kostbar“ lautet das Kirchentagsmotto, das dieser Tage veröffentlicht wurde. Der Kirchentag werde die Botschaft „zum Strahlen bringen“ sagte Oberkirchenrätin Henrike Tetz in ihrem Grußwort.
Die Theologin, landeskirchlicherseits die Ansprechpartnerin aus der Kirchenleitung für den hiesigen Kirchenkreis, brachte ein großes Lob mit: Die Visite des Kirchenleitung im April bleibe in „sehr guter Erinnerung“. Die Gesprächssettings im Workshopformat seien anregend gewesen. „So sind wir als Kirchenleitung noch nie ins Gespräch mitgenommen worden. Das war klasse!“
Ein Abendmahlsgottesdienst in der Klosterkirche der Steyler in Sankt Augustin hatte den Auftakt der Kreissynode gebildet, die dann bis Samstagnachmittag in der dortigen Aula getagt hat. Die Gottesdienst-Kollekte in Höhe von rund 750 Euro geht an „Siegburg hilft“.
Kirchenkreis und Kreissynode: https://www.ekasur.de/kirchenkreis
Kirchentag: https://kirchentag2027.ekir.de/
Evangelischer Kirchenkreis An Sieg und Rhein
Pressemitteilung Nr. 092 vom 09. November ’25 um 14:10 h