AfD-Brandmauer abgerissen?
Offener Brief des GRÜNEN Parteivorsitzenden Erkan Zorlu
„Liebe Troisdorfer und Troisdorferinnen, liebe CDU-Wählerinnen und -Wähler,
mit diesem offenen Brief möchte ich Ihnen eine beunruhigende Entwicklung in unserer Stadt vor Augen führen, die für manche von Ihnen vielleicht unter dem Radar der großen Politik läuft: CDU und AfD haben in der ersten Sitzung des Troisdorfer Stadtrats eine stabile Mehrheit gebildet (mit Unterstützung von FDP und „Regenbogen“). Bürgermeister Alexander Biber hatte dies ja bereits angekündigt und nun über seine Fraktion in der ersten Ratssitzung umsetzen lassen.

Vorsitzender der GRÜNEN in Troisdorf
Warum ist dies so bemerkenswert, dass ich als GRÜNER Parteivorsitzender insbesondere die CDU-Wähler und Wählerinnen darüber informieren möchte? Die gemeinsamen Abstimmungen mit der AfD fanden unter Ausschluss der übrigen demokratischen Kräfte und ohne Not statt. Die CDU und der Bürgermeister hätten mit der SPD eine Große Koalition oder mit den GRÜNEN und der FDP eine Jamaika-Koalition eingehen können. Es gab und gibt also sogar zwei Möglichkeiten, mit demokratischen Kräften eine stabile Mehrheit zu bilden.
Die Bereitschaft zu Verhandlungen war sowohl bei uns GRÜNEN als auch der SPD da, mehrfach haben wir dies signalisiert. Allein weder der CDU-Fraktionsvorsitzende noch Herr Biber waren dazu bereit. Nein, die CDU Troisdorf setzte einzig und allein auf gemeinsame Mehrheiten mit der AfD, FDP und „ Regenbogen”. Welchen inhaltlichen Preis sie dafür zahlen musste, bleibt im Verborgenen.
Wir GRÜNEN empfinden dies als bedenklich. Wir GRÜNEN sehen aktuell keine Bereitschaft bei der CDU, mit den demokratischen Kräften zu einer stabilen Vereinbarung zu kommen. Zu offensichtlich wurden wir in der ersten Ratssitzung mit allen unseren Änderungen niedergestimmt. Wir haben uns daher entschieden, in die Öffentlichkeit zu gehen, um Sie als Bürgerinnen und Bürger unserer Stadt zu informieren, die sich einst rühmen konnte, tolerant und weltoffen zu sein, die zum Beispiel den ersten Ausländerbeirat der Bundesrepublik gründete.
Insbesondere diejenigen CDU-Wähler und Wählerinnen, die eine Zusammenarbeit mit der AfD als genauso bedenklich empfinden wie wir GRÜNEN, möchte ich bitten, mit ihren Stadtverordneten, mit den stellvertretenden Bürgermeistern und den Ortsvorstehern, die mit AfD-Stimmen gewählt wurden, in den Dialog zu gehen. Fragen Sie nach: Warum hat die CDU Troisdorf tragfähige Vereinbarungen mit den Demokraten in der Stadt noch nicht einmal ernsthaft gesucht? Warum verlässt sich die CDU auf Abgeordnete einer rechtsextremen Partei? Was hat die AfD im Gegenzug für ihre Unterstützung erhalten?
Die Zivilgesellschaft ist nunmehr aufgefordert zu handeln. Ist die Brandmauer bei der CDU Troisdorf ein- oder abgerissen? Machen Sie sich selbst ein Bild.
Wir Grünen erneuern unser Gesprächsangebot an den Bürgermeister und CDU-Vorsitzenden, die geschätzten Kolleginnen und Kollegen aus der CDU-Fraktion im Stadtrat und im Parteivorstand: Drücken Sie den Reset-Knopf und starten Sie die Wahlperiode neu, damit wir gemeinsam Schaden von Troisdorf abwenden.“
Erkan Zorlu
Vorsitzender der GRÜNEN in Troisdorf
Grüne – Troisdorf
Pressemitteilung vom 10. November ’25 um 15:40 h
Guten Tag!
Ich finde die aktuelle politische Entwicklung in unserer Stadt sehr traurig – besonders in einer Stadt, die durch Zuwanderung, Vielfalt und Weltoffenheit so viel gewonnen hat. Ich lebe seit über zwanzig Jahren hier und betrachte Troisdorf als meine Heimat.
Durch meine Arbeit im Tourismus durfte ich Menschen vieler Nationen kennenlernen und habe weltweit Freundschaften geschlossen. Auch hier in Troisdorf begegnen mir täglich Menschen aus aller Welt. Ich kaufe in Geschäften von Einwanderern, genieße meinen Kaffee im Kafedaki, um Freunde aus Griechenland zu treffen, und helfe einem Freund aus Eritrea auf seinem Weg zur deutschen Staatsbürgerschaft. Diese Begegnungen bereichern mein Leben – sie sind das Herz einer offenen, demokratischen Gesellschaft.
Umso unverständlicher ist es mir, dass Nachbarn, Bekannte oder sogar Freunde Parteien wie die AfD oder CDU wählen, deren Politik spaltet und gefährlich mit demokratiefeindlichen Kräften flirtet. Beide tragen auf ihre Weise dazu bei, das Vertrauen in die Demokratie zu untergraben – eine Demokratie, die nach 1945 mit unermesslicher Mühe, nach Leid, Krieg und Vernichtung, wiederaufgebaut wurde.
Wollen wir wirklich all das aufs Spiel setzen, was unser Land stark gemacht hat?
Die Freiheit, unsere Meinung zu sagen.
Die Freiheit, zu reisen, zu glauben, zu lieben, wen wir wollen.
Die Freiheit, Freundschaften über Grenzen hinweg zu schließen.
Diese Werte sind keine Selbstverständlichkeit – sie sind das Fundament unserer Demokratie, die niemals wieder Feinden der Freiheit überlassen werden darf.
Deshalb müssen wir klar sagen: Für Neonazis, Rassismus und Hass darf in Deutschland kein Platz sein – niemals wieder! Unsere Geschichte verpflichtet uns, wachsam zu bleiben. Wer Neonazis duldet oder ihnen Macht verleiht, hat nichts aus der Vergangenheit gelernt.
Wo ist in dieser Situation eigentlich die Kirche? Wo sind die Stimmen der Menschlichkeit, die sich laut und deutlich gegen Hass und Ausgrenzung stellen sollten? Schweigen ist hier keine Option – schon gar nicht im Land, das Auschwitz zuließ.
Ich schäme mich für Herrn Biber, dessen Haltung zu diesen Entwicklungen für mich sinnbildlich für dieses Wegsehen steht. Schon damals, als Troisdorferinnen und Troisdorfer gegen Rechtsradikalismus auf die Straße gingen, blieb er fern. Kein Wort vor dem Rathaus, kein Zeichen des Anstands.
Troisdorf verdient Besseres.
Troisdorf braucht Mut, Haltung und klare Grenzen gegenüber allen, die unsere Demokratie gefährden.
Nie wieder bedeutet: Nie wieder!